Privates Veräußerungsgeschäft auch bei Teilentgeltlichkeit 2025
Veräußerungspreis kann auch unter historischen Anschaffungskosten liegen
Die sogenannte Spekulationsfrist bei Grundstücksverkäufen ist meist auch steuerlichen Laien ein Begriff. Wer sein Haus oder Grundstück innerhalb von 10 Jahren nach der Anschaffung veräußert und es nicht selbst genutzt, sondern beispielsweise vermietet hat, muss einen Gewinn versteuern, darf aber auch einen Verlust steuerlich geltend machen. Doch wie sieht es aus, wenn Grundstücke und Gebäude ohne zusätzliches Entgelt übertragen werden und der neue Eigentümer lediglich die bisherige Darlehensschuld übernimmt? Mit dieser Frage musste sich der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 11. März 2025 (IX R 17/24) befassen.
Gebäude gegen Darlehensübernahme
Im Streitfall erwarb der Steuerpflichtige ein bebautes Grundstück für 143.950 Euro, welches fremdvermietet wurde. Innerhalb von 10 Jahren nach Anschaffung übertrug er das Grundstück auf seine Tochter, die im Gegenzug das zur Finanzierung aufgenommene Bankdarlehen übernahm. Der Restwert des Darlehens betrug zum Übertragungszeitpunkt 115.000 Euro. Der Verkehrswert des Grundstücks belief sich zu diesem Zeitpunkt auf 210.000 Euro.
Das Finanzamt beurteilte den Sachverhalt als privates Veräußerungsgeschäft. Die Übertragung sei in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Vorgang aufzuteilen und soweit die Übertragung entgeltlich erfolgte, läge ein privates Veräußerungsgeschäft vor.
Was sind private Veräußerungsgeschäfte?
Die Veräußerung von Grundstücken ist als privates Veräußerungsgeschäft steuerpflichtig, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre (Spekulationsfrist) beträgt. Bei unentgeltlichem Erwerb, z. B. Schenkung, ist dem Rechtsnachfolger die Anschaffung durch den Rechtsvorgänger zuzurechnen. Gehen beispielsweise Grundstücke durch einen Erbfall über, gilt dies nicht als Anschaffung und für die Berechnung der Spekulationsfrist zählt der Anschaffungszeitpunkt des Erblassers.
Eine Veräußerung innerhalb von 10 Jahren ist nicht steuerbar, wenn das Gebäude im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde.
Finanzgericht: Veräußerungspreis kann nicht unter historischen Anschaffungskosten liegen
Das Finanzamt nahm eine Aufteilung in einen voll entgeltlichen und einen voll unentgeltlichen Teil nach dem Verhältnis der Gegenleistung zum Verkehrswert des Gebäudes vor und ermittelte daraus einen Veräußerungsgewinn von rund 40.000 Euro.
Die Anschaffungskosten wurden entsprechend der Entgeltlichkeitsquote aufgeteilt. Das Finanzamt begründete dies damit, dass die Befreiung von einer Verbindlichkeit eine Gegenleistung beziehungsweise ein Entgelt sei. In Höhe der übernommenen Verbindlichkeit liege daher ein Veräußerungspreis vor, im Übrigen sei die Übertragung unentgeltlich gewesen.
Das Finanzgericht sah die Sache anders. Teilentgeltliche Übertragungen einer Immobilie unterhalb der historischen Anschaffungskosten seien keine privaten Veräußerungsgeschäfte. Zwar führe die Übernahme von Verbindlichkeiten durch den Erwerber zu Anschaffungskosten. Bei Übertragungen unter den historischen Anschaffungskosten komme es aber zu keinem steuerbaren realisierten Wertzuwachs.
BFH: Schuldübernahme führt zu Entgeltlichkeit
Der BFH folgte jedoch der Auffassung des Finanzamtes. Die Übernahme von Schulden stellt eine entgeltliche Gegenleistung dar. Daher liegt in Höhe der Schuldübernahme von 115.000 Euro durch die Tochter ein Entgelt vor. Da die Übertragung innerhalb von 10 Jahren nach Erwerb erfolgte und auch nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde, lag ein privates Veräußerungsgeschäft vor.
Der Gewinn oder Verlust aus Veräußerungsgeschäften berechnet sich aus dem Unterschied zwischen Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten mindern sich um die Absetzungen für Abnutzung (AfA), erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen, soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte (hier Vermietung) abgezogen worden sind.
Da das Entgelt von 115.000 Euro geringer war als der Verkehrswert von 210.000 Euro, lag eine Teilentgeltlichkeit vor. Dass das Entgelt unter den historischen Anschaffungskosten von 143.950 Euro lag, ist für den BFH unbeachtlich.
Aufteilung für Betriebsvermögen noch strittig
Die dargestellten Grundsätze gelten für Vermögensübertragungen im Privatvermögen (siehe BFH-Urteil vom 12. Dezember 2023 – IX R 15/23). Für die teilentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens ist noch umstritten, ob eine Aufteilung des Vorgangs analog zu erfolgen hat, wobei allerdings der Buchwert des übertragenen Wirtschaftsguts bis zur Höhe des Entgelts dem entgeltlichen Teil und erst dann dem unentgeltlichen Teil zuzuordnen ist.
Keine Doppelbesteuerung mit Erbschaft- oder Schenkungsteuer
Auch die vom Steuerpflichtigen noch monierte mögliche Doppelbesteuerung mit Einkommen- und Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer wies der BFH zurück. Selbst wenn es aufgrund von späteren Übertragungen theoretisch noch zur Festsetzung von Erbschaftsteuer kommen könnte, läge keine Doppelbesteuerung vor.
Im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht gilt die Übernahme von Verbindlichkeiten als entgeltlicher Vorgang, und die übernommene Verbindlichkeit würde vom steuerpflichtigen Erwerb abgezogen. In die schenkungsteuerliche Bemessungsgrundlage geht im Ergebnis nur der unentgeltliche Teil des Rechtsgeschäfts ein. Mit Einkommensteuer aufgrund der Einordnung als privates Veräußerungsgeschäft wird hingegen nur der entgeltliche Teil des Rechtsgeschäfts besteuert.