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Kleinunternehmerregelung bei Ehegatten

Werden Umsätze zusammengerechnet?

Kleinunternehmerregelung bei Ehegatten
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27.05.2025 — zuletzt aktualisiert: 02.06.2025 — Lesezeit: 5 Minuten

Kleinunternehmerregelung bei Ehegatten

Werden Umsätze zusammengerechnet?

Das Finanzamt ist in seinen Außenprüfungen immer auf der Suche nach vermeintlichen Steuersündern. So auch im Fall eines Ehepaares, das jeweils ein Einzelunternehmen im Bereich Grabgestaltung und Grabpflege gegründet hatte. Die Eheleute nahmen für ihre jeweiligen Unternehmen die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung in Anspruch, worin das Finanzamt eine missbräuchliche Steuergestaltung sah. Doch das Finanzgericht Münster entschied in seinem Urteil vom 8. April 2025 (15 K 2500/22 U) anders.  

Neue Kleinunternehmerregelung seit 2025

Unternehmer, deren Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr 25.000 Euro nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr 100.000 Euro nicht überschreitet, profitieren von der sogenannten Kleinunternehmerregelung. Sie müssen in ihren Rechnungen keine Umsatzsteuer ausweisen und abführen, dürfen aber auch keine Vorsteuer geltend machen. Die Umsätze bleiben umsatzsteuerfrei.

Im Jahr 2025 haben sich für Kleinunternehmer aber nicht nur  die Umsatzgrenzen geändert, sondern auch der Beginn der Umsatzsteuerpflicht, wenn die Grenze für das laufende Jahr überschritten wird. Im Jahr 2024 betrugen diese noch 22.000 Euro für das vorangegangene Kalenderjahr und 50.000 für das aktuelle Jahr. Im Gegensatz zur momentan gültigen Regelung unterlag ein Unternehmer bei Überschreiten der 50.000 Euro-Grenze erst ab dem folgenden Kalenderjahr der Regelbesteuerung, während ab 2025 bereits der zur Überschreitung von 100.000 Euro führende Umsatz sofort steuerpflichtig ist.

Zweimal steuerfrei bitte

Im vorliegenden Fall war die Steuerpflichtige verheiratet und hatte im Streitjahr zwei minderjährige Kinder mit Behinderung. Neben einer geringfügigen Beschäftigung in einer Kirchengemeinde meldete sie ein Gewerbe für Grabpflege und Grabgestaltung an. Ihr Ehemann meldete einige Monate später ebenfalls ein Gewerbe mit gleichem Inhalt an. Auch er war zusätzlich nichtselbständig tätig. Beide Ehegatten erzielten in den Streitjahren Umsätze unterhalb der umsatzsteuerlichen Kleinunternehmergrenze und nahmen die Regelung in Anspruch.

Finanzamt vermutet missbräuchliche Steuergestaltung

Im Rahmen einer Außenprüfung kam die Prüferin zunächst zu dem Schluss, dass ein einheitliches Unternehmen im Sinne des Umsatzsteuergesetzes vorliege und keine zwei Einzelunternehmen. Die Anmeldung des zweiten Gewerbes durch den Ehemann sei ausschließlich mit dem Ziel erfolgt, die Umsatzgrenzen für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung nicht zu überschreiten.

Das Finanzamt prüfte für die Eigenständigkeit der beiden Unternehmen insbesondere folgende Punkte:

  • Nutzung eigener Geschäftsräume und Ausstattung
  • Nutzung von Rechnungsvorlagen
  • Kundenkreis und Leistungen
  • Trennung der Buchführung
  • Nutzung von Betriebsvermögen im Fremdvergleich
  • Internetauftritt und Werbemaßnahmen

Die jeweilige Anwendung der Kleinunternehmerregelung sei zu versagen, weil eine rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität ferne Gestaltung vorliege. Die getrennten Gewerbeanmeldungen für die Ehegatten seien allenfalls ein Indiz für eine umsatzsteuerrechtlich gewollte eigenständige Tätigkeit. 

Die Eheleute sahen dies naturgemäß anders. Aufgrund der Behinderung ihrer Kinder benötige die Steuerpflichtige mehr Flexibilität und zur Finanzierung des Lebensunterhalts der Familie habe sich die Steuerpflichtige zur Anmeldung des Gewerbes entschieden. Aufgrund der gestiegenen Kundennachfrage nach Grabgestaltung, der sie aber wegen der damit verbundenen körperlich schweren Arbeiten (u. a. Bewegung von Grabsteinen) nicht nachkommen konnte, habe ihr Ehemann ebenfalls ein Gewerbe als Einzelunternehmer angemeldet. Fortan sei die Grabpflege von ihr, die Grabgestaltung aber vom Ehemann geleistet worden. Dass beide Unternehmen identische Kunden hätten, liege in der Natur der Sache, weil die Unternehmen sich ergänzen würden.

Steuern sparen ist nicht verboten

Das Finanzgericht widersprach dem Finanzamt. Ein Steuerpflichtiger hat nach höchstrichterlicher Rechtsprechung das Recht, seine Tätigkeit so zu gestalten, dass er seine Steuerschuld in Grenzen hält. Dementsprechend macht allein das Bestreben, Steuern zu sparen, eine rechtliche Gestaltung nicht unangemessen, solange die gewählte Gestaltung zumindest auch von beachtlichen außersteuerlichen Gründen bestimmt gewesen ist.

Dies sah das Finanzgericht im Streitfall als gegeben an. Die Steuerpflichtige habe nachvollziehbar familiäre und gesundheitliche Gründe angegeben. Auch liege ein Missbrauch nur dann vor, wenn Umsätze planmäßig aufgespalten und künstlich zwischen Unternehmen mit dem Ziel verlagert werden, die Kleinunternehmergrenze jeweils nicht zu überschreiten. Dies sei vorliegend jedoch nicht zu erkennen gewesen.

Eheleute sind nicht verpflichtet, jeweils selbständige Tätigkeiten in einem Unternehmen zu bündeln und sie „aus einer Hand“ anzubieten. Sie dürfen auch getrennte Unternehmen führen, und zwar auch dann, wenn sie hierdurch aufgrund der Höhe ihrer erzielten Umsätze in den Anwendungsbereich der Kleinunternehmerregelung fallen.

Für das Finanzgericht war es unerheblich, dass die Eheleute

  • dieselbe Anschrift und dieselbe Telefonnummer in den Rechnungen angegeben haben,
  • sich ein Arbeitszimmer geteilt haben
  • zur Erstellung der Rechnungen dieselbe Word-Vorlage verwendet haben.

Ohne Bedeutung ist auch, dass sich die Leistungsangebote der Ehefrau und ihres Ehemanns ergänzen und teilweise überschneiden und dass sie teilweise auch identische Kunden hatten. Hierbei handelt es sich nach Auffassung der Finanzrichter um marktübliche Vorgänge, die im täglichen Wirtschaftsleben ständig vorkommen.

Keine Benachteiligung wegen Ehe

Das Finanzgericht sieht in der Sichtweise des Finanzamtes auch einen Verstoß gegen das Grundgesetz. Denn wenn die Eheleute die Leistungen „aus einer Hand“ anbieten müssten, würden sie rein faktisch allein aufgrund ihrer Ehe benachteiligt.

Dabei geht das Finanzgericht davon aus, dass das Finanzamt keine missbräuchliche Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung angenommen hätte, wenn die Steuerpflichtige und ihr Ehemann nicht verheiratet, sondern z. B. Nachbarn gewesen wären.

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