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Insolvenz bei Forderungsabtretungen

BFH entscheidet über Steuerpflicht der nicht weitergeleiteten Gelder

Insolvenz bei Forderungsabtretungen
Aktuelles
22.07.2025 — Lesezeit: 4 Minuten

Insolvenz bei Forderungsabtretungen

BFH entscheidet über Steuerpflicht der nicht weitergeleiteten Gelder

Es klingt verlockend: Die lästige Abrechnung offener Forderungen einfach auslagern, regelmäßig und zuverlässig sein Geld bekommen und das alles für eine vergleichsweise geringe Gebühr. Unternehmer ersparen sich ein eigenes Mahnwesen und vor allem Zeit, die für das Kerngeschäft genutzt werden kann. Eine solche Abtretung von Forderungen an ein anderes Unternehmen wird auch Factoring genannt. Dienstleister übernehmen in diesem Fall die Abrechnung gegenüber den Kunden sowie auf Wunsch auch das Mahnwesen und leiten die vom Kunden erhaltenen Zahlungen nach Abzug einer Gebühr an das beauftragende Unternehmen weiter.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte nun in seinem aktuellen Urteil vom 30. April 2025 (XI R 15/22) zu entscheiden, wie umsatzsteuerlich mit den Fällen umgegangen werden muss, in denen der Dienstleister die vom Kunden erhaltenen Zahlungen aufgrund eigener Insolvenz nicht an den Unternehmer weitergeleitet hat.

Wenn das Geld nicht ankommt

Im Streitfall hatte eine Apotheke mit einem Rechenzentrum als Dienstleister einen Vertrag geschlossen. Danach zog das Rechenzentrum in eigenem Namen aber für Rechnung der Apotheke die Forderungen für die erbrachten Leistungen wie Lieferungen von Heil- und Arzneimitteln von den gesetzlichen Krankenkassen ein. Das erhaltene Geld leitete das Rechenzentrum nach Einbehalt einer Gebühr an die Apotheke weiter.

Die Apotheke berechnete ihre an das Finanzamt zu zahlende Umsatzsteuer für die erbrachten Leistungen nach vereinbarten Entgelten. Das bedeutet, ein Unternehmer muss seine Leistungen bereits im Voranmeldungszeitraum (Monat oder Quartal) der Leistungserbringung versteuern, unabhängig davon, wann der Kunde tatsächlich bezahlt.

Als das Rechenzentrum Insolvenz anmeldete und die bereits von der Krankenkasse vereinnahmten Gelder nicht an die Apotheke weiterleitete, wollte diese die Bemessungsgrundlage für ihre Umsatzsteuer mindern. Denn das Geld für die erbrachten Umsätze hatte sie tatsächlich ja nie vom Rechenzentrum erhalten. Das Finanzamt und auch das Finanzgericht lehnten dies ab.

Mindert eine Insolvenz die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage?

Ein Unternehmer muss den Umsatzsteuerbetrag gegenüber dem Finanzamt berichtigen, wenn sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz geändert hat. Darunter fällt auch, wenn das Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung uneinbringlich geworden ist, beispielsweise durch eine Zahlungsunfähigkeit bei Insolvenz.

Vertragsbeziehungen sind entscheidend

Mit dieser Begründung klagte die Apotheke beim BFH auf Änderung ihrer Umsatzsteuerzahllast. Doch der BFH lehnte dies, wie auch das Finanzgericht, ab. Hintergrund sind die vertraglichen Beziehungen zwischen Krankenkasse, Apotheke und Rechenzentrum. Der Vertrag über die Lieferung von Arznei- und Heilmitteln bestand nur zwischen der Krankenkasse und der Apotheke.

Für die von der Apotheke erbrachten Leistungen hatte die Krankenkasse unstreitig bezahlt. Und zwar auf ausdrücklichen Wunsch und gemäß Vereinbarung statt an die Apotheke direkt an das Rechenzentrum. Zivilrechtlich hat die Krankenkasse damit ihre Pflichten erfüllt und mit sogenannter „schuldbefreiender“ Wirkung gezahlt. Sie könnte nicht verpflichtet werden, erneut zu zahlen.

Dass das Rechenzentrum nicht an die Apotheke gezahlt hat, ist damit allein das Problem der Apotheke. Ansprüche an das Rechenzentrum müssen auf Grundlage der Verträge zwischen diesen beiden Vertragspartnern geltend gemacht werden. Sie berühren aber nicht das Vertragsverhältnis zwischen Apotheke und Krankenkasse. Aus diesem Grund gelten die von der Krankenkasse an das Rechenzentrum geleisteten Zahlungen für die Apotheke als erhalten.

Daher müssen die Zahlungen auch in die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer einbezogen werden, auch wenn tatsächlich kein Geldfluss an die Apotheke stattfand. Denn die Forderung gegenüber der Krankenkasse ist nicht uneinbringlich geworden. Im Gegenteil, die Krankenkasse hatte für die erbrachten Leistungen gezahlt.

Risikoabwägung beim Factoring

Unternehmer, die darüber nachdenken, Forderungen an ein Factoringunternehmen auszulagern, sollten sich dieses Risikos bewusst sein. Im schlimmsten Fall müssen Umsätze versteuert werden, für die sie nie das Geld erhalten haben. Auf der anderen Seite stehen die Vorteile eines solchen Modells. Durch schnelle Liquidität können Reinvestitionen zeitnah durchgeführt werden. Zudem entlastet die Auslagerung des Mahnwesens die eigene Verwaltung.

Die Kooperationspartner der ETL, die anteeo finance AG berät Sie gern über die Vor- und Nachteile von Forderungsabtretungen.

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