Startseite | Aktuelles | Differenzbesteuerung bei Gebrauchtgegenständen 2025

Differenzbesteuerung bei Gebrauchtgegenständen

Vorsicht bei Einbauten mit Vorsteuerabzug

Differenzbesteuerung bei Gebrauchtgegenständen
Aktuelles
07.05.2025 — Lesezeit: 4 Minuten

Differenzbesteuerung bei Gebrauchtgegenständen

Vorsicht bei Einbauten mit Vorsteuerabzug

Es ist nachhaltig, umweltfreundlich und macht oft auch großen Spaß – beim Upcycling werden Kleidung, Möbel oder Geräte nicht nur wiederverwendet, sondern aufgewertet. Doch wie so oft hört der Spaß dann beim Finanzamt auf. So auch im Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11. Dezember 2024 (XI R 9/23), der zu den Voraussetzungen zur Anwendung der Differenzbesteuerung bei gebrauchten Möbeln zu urteilen hatte.

Alte Kommode mit neuem Inhalt

Im Streitfall ging es darum, ob auf die Lieferung gebrauchter Waschkommoden, die restauriert und mit Hilfe neuer Teile zu neuwertigen Waschtischen umgearbeitet wurden (sog. Upcycling), die Differenzbesteuerung angewendet werden darf. Es handelt sich dabei um eine besondere Form der Umsatzbesteuerung, bei der nur die Differenz zwischen dem Einkaufs- und dem Verkaufspreis versteuert wird.

Die Steuerpflichtige kauft antike Kommoden aus Privatbesitz an, restauriert diese und baut sie durch Aufsatz eines neuen Waschbeckens und gegebenenfalls weiterem Zubehör zu neuwertigen Waschtischen um. Der Kunde kann sich im Rahmen der Restaurierung das Objekt individuell zusammenstellen. Die Steuerpflichtige erteilte über die restaurierte Kommode und den Umbau zwei getrennte Rechnungen, wobei sie einerseits dieDifferenzbesteuerung und andererseits den Regelsteuersatz anwendete.

Anwendung der Differenzbesteuerung

Die Differenzbesteuerung darf angewendet werden, wenn der Unternehmer ein Wiederverkäufer ist. Als solcher gilt, wer gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen handelt oder solche Gegenstände im eigenen Namen öffentlich versteigert.

Des Weiteren müssen die Gegenstände an den Wiederverkäufer im Gemeinschaftsgebiet geliefert worden sein und für diese Lieferung wurde die Umsatzsteuer nicht geschuldet oder die Differenzbesteuerung vorgenommen. Dies betrifft also vorwiegend Ankäufe von Privatpersonen, Kleinunternehmern oder anderen Wiederverkäufern. Ausgenommen von der Differenzbesteuerung sind Edelsteine und Edelmetalle.

Finanzamt sieht einheitliche Leistung

Bei einer Außenprüfung war das Finanzamt der Meinung, dass die Anwendung der Differenzbesteuerung im oben geschilderten Fall unzulässig sei. Das Endprodukt sei aufgrund der Umarbeitung so weitreichend verändert, dass ein neuer Gegenstand entstanden sei, der einer neuen Nutzung zugeführt werde. Es handele sich außerdem aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers um eine einheitliche Leistung, die nicht „künstlich“ in zwei getrennte Leistungen aufgeteilt werden könne. Daher sei die Differenzbesteuerung, die allein den Wiederverkauf identischer Gegenstände betreffe, nicht anwendbar.

Das Finanzamt widersprach auch der Auffassung des Finanzgerichts, das in der Lieferung der antiken Kommode und des Waschtisches noch eine Haupt- und Nebenleistung sah und die Differenzbesteuerung der Kommode erlaubte. Aus der Perspektive des Kunden werde gerade nicht nur die aufgearbeitete Kommode, sondern das individuell zusammengestellte Gesamtensemble erwartet und gekauft. Dies führe dazu, dass mehrere Einzelleistungen (Lieferung der Kommode und Lieferung des Keramikaufsatzes nebst Zubehör) eine einzige (neue), wirtschaftlich nicht trennbare (komplexe) Leistung bilden, die der Regelbesteuerung unterliegt.

Fällt der Waschtisch noch unter die Instandsetzung?

Das Finanzamt berief sich in seiner Argumentation auch auf das geltende EU-Recht. Danach sei für die Anwendung der Differenzbesteuerung erforderlich, dass die Gebrauchtgegenstände in ihrem derzeitigen Zustand oder nach Instandsetzung wiederverwendbar seien. Der Begriff der Instandsetzung sei gesetzlich nicht geregelt. Im allgemeinen Sprachgebrauch verstehe man darunter die Wiederherstellung oder Ausbesserung einer Sache in ihren gebrauchsfähigen Zustand. Sowohl das Hinzufügen des Keramikaufsatzes als auch die individuellen Anpassungen für die erforderlichen Anschlüsse und der Schubladen gingen über eine Instandsetzung jedenfalls hinaus.

Finanzgericht muss nachbessern

Der BFH brachte in seinem Urteil noch einen anderen Aspekt ein, der dazu führt, dass das Verfahren an das Finanzgericht zurückverwiesen wurde. Die Waschbeckenaufsätze, die aus Sicht des Finanzgerichts in dem zusammengesetzten Gesamtprodukt als einzigem Liefergegenstand aufgegangen sind, wurden als Neuware mit Recht zum Vorsteuerabzug erworben. Für den einzigen Liefergegenstand (das neu zusammengesetzte Gesamtprodukt) besteht daher im Hinblick auf den Waschbeckenaufsatz ein anteiliges Recht zum Vorsteuerabzug.

Besteht für den Gegenstand der Lieferung ein anteiliges Recht zum Vorsteuerabzug, ist nach der Rechtsprechung des EuGH die Anwendung der Differenzbesteuerung von vornherein ausgeschlossen. Dies hatte das Finanzgericht nicht beachtet. Daher ist, wenn man mit dem Finanzgericht davon ausgeht, dass die Waschkommoden Gebrauchtgegenstände sind, eine Anwendung der Differenzbesteuerung nicht möglich.

Es ist unklar, welchen konkreten Inhalt die vertraglichen Vereinbarungen der Steuerpflichtigen mit ihren Kunden hatten. Das Finanzgericht soll daher im zweiten Rechtsgang klären, ob die Steuerpflichtige an die Kunden eine Kommode und ein Waschbecken geliefert und anschließend den Zusammenbau als selbständige Umsätze ausgeführt hat oder ob sie einen einzigen bearbeiteten Gegenstand („Waschtisch“) geliefert hat.

Fazit: Kommt das Finanzgericht zu dem Schluss, dass eine einzige Lieferung vorliegt, ist die Differenzbesteuerung nicht möglich. Unternehmer sollten daher betriebswirtschaftlich eventuelle Umsatzsteuernachzahlungen mit einkalkulieren, da Umsatzsteuernachforderungen bei privaten Endkunden in der Regel nicht möglich sind.

Suchen
Format
Themen
Letzte Beiträge




Weitere interessante Artikel