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Selbständig oder abhängig beschäftigt

Gesetzgeber gewährt Übergangsregelung für Lehrkräfte

Selbständig oder abhängig beschäftigt
Aktuelles
15.08.2025 — Lesezeit: 3 Minuten

Selbständig oder abhängig beschäftigt

Gesetzgeber gewährt Übergangsregelung für Lehrkräfte

Honorarverträge stehen immer wieder im Fokus der Sozialversicherungsprüfungen. Handelt es sich tatsächlich um eine selbständige Tätigkeit oder doch um eine sozialversicherungsrechtliche Beschäftigung?

Eine nichtselbständige Beschäftigung liegt vor, wenn

  • die Leistung weisungsgebunden erbracht wird,
  • dabei eine Eingliederung in die Organisationsstruktur des Auftraggebers erfolgt und
  • beim Auftragnehmer kein nennenswertes Unternehmerrisiko vorliegt.

Besonders intensiv wurden in den letzten Jahren Honorarlehrkräfte geprüft, die z. B. an Musik- und Volkshochschulen unterrichten. Das Bundessozialgericht (BSG) hat dazu in zwei Grundsatzurteilen entschieden – mit gravierenden Folgen.

Erstes Grundsatzurteil

Das BSG hatte im Jahr 2022 im sogenannten Herrenberg-Urteil entschieden, dass eine Musiklehrerin an einer kommunalen Musikschule als abhängig und somit sozial-versicherungspflichtig Beschäftigte einzustufen ist. Ausschlaggebend war für das BSG, dass die Musiklehrerin ihre Arbeitsleistung persönlich erbringen musste, die Musikschule einen Stundenplan erstellte und der Musiklehrerin Unterrichtszeiten und Unterrichtsräume zuwies. Hinzu kam, dass die Musiklehrerin bei eigener Erkrankung oder Verhinderung einen Unterrichtsausfall anzeigen musste und ein Ausfallhonorar erhielt, wenn Schüler nicht zum Unterricht erschienen. All das spreche für eine Eingliederung der Honorarkraft in die Organisationsstruktur der Musikschule. Ihre Tätigkeit unterscheide sich nicht vonder anderer abhängig Beschäftigter.

Zweites Grundsatzurteil

2024 bestätigte das BSG seine Rechtsprechung. Dabei ging es um eine Dozententätigkeit an einer Volkshochschule. Das BSG betonte dabei, dass es auch vor dem Herrenberg-Urteil keine höchstrichterliche „Sonderrechtsprechung“ gegeben habe, wonach lehrende Tätigkeiten, insbesondere als Dozent an einer Volkshochschule, grundsätzlich als selbständige Tätigkeiten anzusehen seien.

Sozialversicherungsträger ändern Beurteilungsmaßstäbe

Die Sozialversicherungsträger haben daraufhin seit dem 1. Juli 2023 ihre Beurteilungsmaßstäbe bei der Feststellung des Erwerbsstatus von Lehrkräften geändert. Viele Bildungseinrichtungen fürchteten, dass der Einsatz von selbständig tätigen Lehrkräften gefährdet sei und sie ohne diese ihr Bildungsangebot nicht im bisherigen Umfang aufrechterhalten können. Einerseits wollen viele Lehrkräfte nur als Selbständige tätig werden, anderseits sind die Sozialversicherungsbeiträge ein Kostenfaktor, der auch die Lehrangebote verteuert.

Vor dem BSG-Urteil war entscheidend:

  • das Unterrichtsziel, ob z. B. ein staatlicher Abschluss angestrebt wird
  • ob ein fester Lehrplan von der Schule vorgegeben wird
  • ob/welche Nebenpflichten zu übernehmen sind, z. B. Aufsicht, Bewertung, Betreuung der Schüler
  • welche vertragliche Vereinbarung getroffen wurde (freie Mitarbeit/Selbständigkeit)
  • ob die gleiche Tätigkeit auch von angestellten Lehrern ausgeübt wurde

Nach dem BSG-Urteil ist entscheidend, ob:

  • eine eigene betriebliche Organisation besteht (z. B. eigenes Büro, eigener Internetauftritt)
  • ein Unternehmerrisiko besteht (z. B. Einfluss auf die Höhe der Vergütung)
  • die Organisation des Schulbetriebs durch die Honorarkraft erfolgt
  • die Verträge mit den Schülern von der Honorarkraft abgeschlossen werden

Übergangsregelung bis Ende 2026

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat die Sozialversicherungspflicht von Lehrkräften intensiv diskutiert und eine Übergangsregelung geschaffen, damit sich Bildungseinrichtungen und Lehrkräfte auf die nun geltenden Beurteilungsmaßstäbe einstellen können. Die Übergangsregelung besagt, dass Honorarlehrkräfte bis zum  31. Dezember 2026 weiterhin als Selbständige gelten.

Es müssen keine Sozialversicherungsbeiträge gezahlt werden, wenn

  • die Vertragsparteien bei Vertragsschluss übereinstimmend von einer Selbständigkeit ausgegangen sind und
  • die betroffene Lehrkraft zustimmt.

Das bedeutet aber auch: Wenn eine Lehrkraft nicht zustimmt und die Voraussetzungen für eine Selbständigkeit nicht vorliegen, sind für die Beschäftigung Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten.

Tipp:
Bildungseinrichtungen sollten prüfen, ob und unter welchen Voraussetzungen sie ab dem 1. Januar 2027 noch selbständig tätige Honorarlehrkräfte einsetzen können. Für Honorarkräfte sollte auf jeden Fall eine sozialrechtliche Bewertung des Status erfolgen. Die Sozialrechtsexperten der ETL Rechtsanwälte beraten Sie gerne.

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