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Hochwasserkatastrophe 2021 in Deutschland

Finanzministerien gewähren Flutopfern steuerliche Erleichterungen
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02.08.2021 — zuletzt aktualisiert: 28.10.2021

Hochwasserkatastrophe 2021 in Deutschland

Finanzministerien gewähren Flutopfern steuerliche Erleichterungen

Die verheerenden Überflutungen haben besonders Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Bayern sowie Teile Sachsens hart getroffen. Eine Schneise der Zerstörung und Verwüstung zieht sich quer durch weite Teile Deutschlands. Die verheerenden Überflutungen haben Gebäude und Maschinen zerstört, landwirtschaftliche Flächen unter Wasser gesetzt und riesige Schäden an der Infrastruktur angerichtet. Viele Unternehmer stehen vor den Scherben ihrer Existenz oder haben ihr zu Hause und all ihr Hab und Gut verloren. Nach den ersten Aufräumarbeiten geht es jetzt an den Wiederaufbau und dafür ist finanzielle Hilfe und Unterstützung dringend erforderlich.

Am 21. Juli 2021 hat sich das Bundeskabinett auf ein nationales Soforthilfeprogramm mit einem Volumen von 200 Millionen Euro verständigt, weitere 200 Millionen kommen von den Ländern. Bereits am 16. Juli 2021 haben die Finanzministerien der Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, am 19. Juli 2021 das Bayerische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat (BayLfSt) und am 27. Juli das Sächsische Staatsministerium der Finanzen steuerliche Maßnahmen zur Berücksichtigung der Unwetterschäden erlassen. Diese sogenannten Katastrophenerlasse wurden mit Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) herausgegeben.

Die Schreiben sehen die folgenden Maßnahmen und Sonderregelungen vor:

1. Steuervorauszahlungen können angepasst und gestundet werden

Unmittelbar betroffene Steuerpflichtige können bis zum 31. Oktober 2021 Anträge auf Stundung der bis zu diesem Zeitpunkt bereits fälligen oder fällig werdenden Steuern des Bundes und des Landes sowie die Anpassung der Vorauszahlungen auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer stellen. Ein Einzelnachweis der Schadenshöhe ist grundsätzlich entbehrlich. Anträge auf Stundung werden gewährt und auf die Erhebung von Stundungszinsen kann in der Regel verzichtet werden. Anträge auf Stundung oder Erlass der Gewerbesteuer sind an die jeweilige Gemeinde zu stellen. Zudem kann die Finanzverwaltung bis zum 31. Oktober 2021 bei rückständigen oder bis zu diesem Zeitpunkt fällig werdenden Steuern von Vollstreckungsmaßnahmen absehen. Die zwischen dem 14. Juli 2021 und dem 31. Januar 2022 verwirkten Säumniszuschläge für diese Steuern sind zum 31. Januar 2022 zu erlassen.

Hinweis: Die Flut hat auch viele steuerrelevante Unterlagen vernichtet. Daraus sollen grundsätzlich keine nachteiligen steuerlichen Folgen gezogen werden. Steuerpflichtige müssen allerdings den Verlust bzw. die Vernichtung zeitnah dokumentieren bzw. nachweisen oder glaubhaft machen. Denken Sie daran, ein Foto mit dem Smartphone ist schnell gemacht und kann bei künftigen Betriebsprüfungen viel Ärger ersparen.

2. Steuererleichterungen im Betriebsvermögen

Für Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Land- und Forstwirtschaft sowie selbstständiger Arbeit werden Steuererleichterungen gewährt:

a) Sonderabschreibungen und steuerfreie Rücklagen

Sonderabschreibungen sind zulässig in Höhe v

  • 30 Prozent beim Wiederaufbau von Gebäuden
  • 50 Prozent bei der Ersatzbeschaffung von beweglichen Wirtschaftsgütern, wenn die Anschaffung spätestens bis zum Ende des dritten Wirtschaftsjahres nach dem Schadensereignis erfolgt. Die Investitionsfrist endet somit i. d. R. Ende 2024.

In besonders zu begründenden Ausnahmefällen können diese Sonderabschreibungen bereits in den Vorjahren als steuerfreie Rücklagen gebildet werden. Sonderabschreibungen und Rücklagen sind insgesamt auf 600.000 Euro begrenzt und dürfen 200.000 Euro je Jahr nicht überschreiten.

b) Erhaltungsaufwand sofort abziehbar

Aufwendungen für die Beseitigung von Schäden an Gebäuden und an beschädigten beweglichen Anlagegütern können ohne nähere Nachprüfung als Erhaltungsaufwand behandelt werden, wenn die Buchwerte ohne Teilwertabschreibung fortgeführt werden. Bei Gebäuden gilt dies jedoch nur, wenn die Aufwendungen (vor Berücksichtigung von möglichen Entschädigungszahlungen) 70.000 Euro nicht übersteigen, bei höheren Aufwendungen ist eine einzelfallbezogene Prüfung erforderlich. Die Aufwendungen zur Beseitigung der Hochwasserschäden am Grund und Boden können sofort als Betriebsausgaben abgezogen werden. Das Gleiche gilt für Aufwendungen zur Wiederherstellung von Hofbefestigungen und Wirtschaftswegen, wenn die Buchwerte ohne Teilwertabschreibung fortgeführt werden.

c) Sonderregelungen für Land- und Forstwirtschaft:

  • Einkommensteuer kann bei Ertragsausfällen ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn der Landwirt den Gewinn nach Durchschnittssätzen ermittelt
  • Aufwendungen für die Wiederanpflanzung zerstörter Dauerkulturen sind sofort als Betriebsausgaben abziehbar
  • für Kalamitätsholz gilt ein einheitlicher Steuersatz

Detailliertere Informationen zu den Sonderregelungen für Land- und Forstwirte finden Sie unter www.etl-agrar-forst.de

3. Steuererleichterungen für Vermieter, Wohnungseigentümer und alle Betroffenen

Auch bei der Vermietung und Verpachtung sind Sonderabschreibungen zulässig. Dabei ist Erhaltungsaufwand bis 70.000 Euro ohne nähere Prüfung sofort abzugsfähig.

Zudem können Betroffene ihre notwendigen Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung sowie für die Beseitigung von Schäden an der eigengenutzten Wohnung im eigenen Haus als außergewöhnliche Belastung geltend machen.

Tipp: Arbeitnehmer können für die als außergewöhnliche Belastungen abziehbaren Aufwendungen beim Finanzamt einen Freibetrag beantragen, der dann im Rahmen des Lohnsteuerabzugs berücksichtigt wird.

4. Unterstützung von Arbeitnehmern

Arbeitgeber können ihren vom Hochwasser betroffenen Arbeitnehmern in 2021 eine Unterstützung bis zu 600 Euro steuerfrei gewähren. Darüberhinausgehende Unterstützungsbeträge gehören dann nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn unter Berücksichtigung der Einkommens- und Familienverhältnisse des Arbeitnehmers ein besonderer Notfall vorliegt. Davon kann bei den vom Hochwasser betroffenen Familien in der Regel ausgegangen werden.

Auch wenn Arbeitgeber zinsgünstige Darlehen vergeben oder Zinszuschüsse zu Darlehen des Arbeitnehmers zahlen, können diese steuerfrei gewährt werden.

Hinweis: Arbeitgeber müssen die steuerfreien Leistungen im Lohnkonto aufzeichnen und dokumentieren, dass der Arbeitnehmer durch das Hochwasser betroffen und geschädigt wurde.

5. Steuerliche Erleichterungen für Helfer und Spender

Als Nachweis für Spenden, die bis zum 31. Oktober 2021 gezahlt werden, reicht der Barzahlungsbeleg, die Buchungsbestätigung des Kreditinstituts oder der PC-Ausdruck bei Online-Banking aus. Unterstützen Unternehmen die Opfer der Hochwasserflut, z. B. durch das Bereitstellen von Räumfahrzeugen und Personal für Aufräumarbeiten, können diese Leistungen als Betriebsausgaben abgezogen werden. Auch umsatzsteuerlich gibt es Erleichterungen, wenn Unternehmer ohne Gegenleistung helfen. So muss bis zum 31. Oktober 2021 keine Wertabgabe umsatzversteuert werden, wenn Baumaschinen oder andere zum Betriebsvermögen gehörende Gegenstände genutzt werden. Auch wenn Unternehmer notwendige Gegenstände des täglichen Bedarfs kostenlos zur Verfügung stellen, fällt für die Entnahme keine Umsatzsteuer an. Für diese steuerlichen Erleichterungen spielt es keine Rolle, ob der Zuwendende in einem der betroffenen Bundesländer wohnt oder in einem anderen Bundesland.

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