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Kommt jetzt die Steuererklärung auf dem Bierdeckel?

Wissenschaftlicher Beirat legt Gutachten zur vereinfachten Einkommensbesteuerung vor

Kommt jetzt die Steuererklärung auf dem Bierdeckel?
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26.06.2025 — Lesezeit: 4 Minuten

Kommt jetzt die Steuererklärung auf dem Bierdeckel?

Wissenschaftlicher Beirat legt Gutachten zur vereinfachten Einkommensbesteuerung vor

Es ist wohl die berühmteste Geschichte rund um den jetzigen Bundeskanzler Friedrich Merz. Die Steuererklärung auf dem Bierdeckel. Auch, wenn Merz diese Aussage im Jahr 2003 gar nicht so meinte, sondern lediglich sagen wollte, dass ein Steuersystem so einfach sein muss, dass ein Bierdeckel ausreicht, um die Steuerschuld auszurechnen. Wie das deutsche Einkommensteuerrecht vereinfacht werden könnte, hat jetzt der wissenschaftliche Beirat des Wirtschaftsministeriums am Beispiel der Werbungskosten für Arbeitnehmer in einem Gutachten skizziert.

Gutachten zur einfacheren Steuererklärung

Das deutsche Steuersystem mit seinen vielen Einzelregelungen, Ausnahmen und Sonderfällen führt zu einer Komplexität, die selbst für Fachleute manchmal nur noch schwer beherrschbar ist. Sind steuerliche Regelungen zu kompliziert, kann dies abschreckend wirken.

So kommt es, dass viele Steuerpflichtige in Deutschland auf die Einreichung einer Steuererklärung verzichten und Steuern überzahlen. Studien zufolge steigt mit der Höhe des Einkommens das Wissen über Steuern sowie die Wahrscheinlichkeit, eine Steuererklärung einzureichen oder einen Steuerberater hinzuzuziehen.

Digitalisierung spart Zeit

Der Beirat sieht zwei sich ergänzende Wege, wie die Steuererklärung einfacher werden könnte: Digitalisierung und Steuerreformen. Digital an der Quelle erfasste und direkt an die Finanzverwaltung übermittelte Informationen bilden die Grundlagen für eine umfassende Vorausfüllung von Einkommensteuererklärungen und eine automatische Veranlagung durch das Finanzamt. Dies wird in vielen Ländern schon praktiziert.

Auch in Deutschland werden schon steuerliche Informationen an das Finanzamt gemeldet, wie beispielsweise Lohnersatzleistungen, die Daten der Lohnsteuerbescheinigung, Riesterverträge oder Rentenzahlungen. Doch der Beirat hat hier noch weitergehende Ideen.

Steuerliche Komplexität vermindern

Wo Digitalisierung nicht weiterhilft, empfiehlt der Beirat Steuerreformen, um die Komplexität der Steuererklärungen zu verringern. Denkbar sind Vereinfachungen durch Pauschalierung und Typisierung, ebenso wie Streichungen steuerlicher Abzugstatbestände. Denn allein die Anzahl der möglichen Steuerabzüge selbst trägt zur Komplexität der Einkommensteuererklärung bei.

In der Praxis stehen Steuerpflichtige und Finanzamt zudem vor der Herausforderung, dass viele Aufwendungen für Arbeitsmittel teils beruflich und teils privat veranlasst sind. Computer oder Telekommunikationsgeräte können beruflich und privat genutzt werden, ebenso wie Werkzeuge. Der berufliche Nutzungsanteil ist hierbei in vielen Fällen nur schwer bestimm- und nachweisbar. Eine entsprechende Prüfung durch das Finanzamt ist mit hohem Aufwand verbunden und in der Praxis kaum umsetzbar.

Wie soll das Finanzamt beispielsweise die Anzahl der Büro- oder Homeoffice-Tage ohne Nachweispflichten seitens des Arbeitnehmers überprüfen können? Im Zweifel prüft das Finanzamt nicht nach und das schafft Möglichkeiten zur Steuerhinterziehung.

Konkrete Vorschläge für die Besteuerung von Arbeitnehmern

Was bedeutet dies nun alles konkret? Der wissenschaftliche Beirat hat Vorschläge zur Vereinfachung unterbreitet. So sollen Aufwendungen, die der Arbeitgeber besser überprüfen kann, auch dort erstattet werden. Dies gilt beispielsweise für Verpflegungsmehraufwendungen bei Dienstreisen.

Des Weiteren könnten bestimmte Pauschalen, wie die Arbeitsmittelpauschale von 103 Euro oder die Fachliteraturpauschale von 110 Euro, nicht mehr anerkannt werden. Denn diese sind entgegen weit verbreiteter Ansicht nicht gesetzlich verankert, sondern stellen lediglich interne Nichtaufgriffsgrenzen der Finanzverwaltung dar, um die Prüfung einzelner Belege für Kleinstbeträge zu vermeiden.

Gleiches gilt für den Abzug von Kontoführungsgebühren. Steuerlich werden aktuell Kontoführungsgebühren in Höhe von 16 Euro jährlich als Werbungskosten anerkannt. Der Beirat empfiehlt, diese und die eben genannten Pauschalen mit einer neu geschaffenen Arbeitstagepauschale abzugelten.

Nach der Idee des Beirats werden in dieser Arbeitstagepauschale zudem die Entfernungspauschale, die Homeoffice-Pauschale und Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer zusammengefasst. Arbeitnehmer würden dann pro Arbeitstag nur eine Pauschale erhalten, egal wo sie arbeiten und wie sie zur Arbeit gelangen. Damit entfällt die lästige und fehleranfällige Dokumentation der Büro- und Homeoffice-Tage. Die neue Regierung hat diese Idee bereits im Koalitionsvertrag mit aufgenommen.

Um Fernpendler nicht unangemessen zu benachteiligen, empfiehlt der Beirat, eine Öffnungsklausel aufzunehmen, die Aufwendungen jenseits einer Wesentlichkeitsschwelle weiter zum Abzug zulässt. Die Berücksichtigung der entsprechenden Entfernung zur ersten Tätigkeitsstätte könnte durch die Finanzverwaltung automatisch auf Basis von Navigationssystemen und Informationen zu Wohn- und Arbeitsort aus dem Melderegister und den Lohnsteuerbescheinigungen erfolgen.

Zu guter Letzt schlägt der Beirat noch Vereinfachungen bei den Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung vor. So sollten zur Vereinfachung des Prüfaufwands und Reduzierung der Streitanfälligkeit nur die Fahrtkosten zwischen Wohnort und Zweitwohnsitz sowie die im Mietvertrag vereinbarte Kaltmiete abzugsfähig bleiben. Aufgrund der starken regionalen Unterschiede in den Wohnkosten könnte der Gesetzgeber zudem erwägen, die Höchstgrenze für die Erstattung von Mietaufwendungen entlang lokaler Mietspiegel zu staffeln.

Fazit: Ideen zur Steuervereinfachung gab es in der Vergangenheit bereits viele. Inwieweit die Vorschläge des wissenschaftlichen Beirats Eingang in ein Gesetzgebungsverfahren finden, bleibt abzuwarten. Bis dahin stehen auf dem Bierdeckel zunächst weiter nur Gläser.

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