Wann dürfen Steuerbescheide geändert werden?
BFH urteilt zur Änderung aufgrund von digital übermittelten Daten
Steuerbescheide können aus ganz unterschiedlichen Gründen geändert werden. Mal ist dem Steuerpflichtigen ein Fehler unterlaufen, mal liegen dem Finanzamt neue Informationen vor. Doch nicht immer ist die begehrte Änderung auch zulässig, denn grundsätzlich sind die im Steuerbescheid festgesetzten Werte für das Finanzamt bindend.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte in seinem erst kürzlich veröffentlichten Urteil vom 27. November 2024 (X R 25/22) nun darüber zu entscheiden, ob die Änderung eines Steuerbescheides aufgrund von nachträglich übermittelten digitalen Daten an das Finanzamt möglich ist.
Einspruch versus schlichte Änderung
Ein Steuerbescheid kann auf verschiedenen Wegen und aufgrund verschiedener Vorschriften geändert werden. Das bekannteste Mittel gegen Steuerbescheide vorzugehen, ist der Einspruch. Dafür haben Steuerpflichtige einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheids Zeit. Nach einem Einspruch wird der Fall vom Finanzamt in vollem Umfang erneut geprüft. Mit dem Einspruch besteht auch die Möglichkeit einen Antrag zu stellen, dass die strittige Steuer bis zur Entscheidung über den Einspruch nicht gezahlt werden muss.
Im Gegensatz dazu geht es bei einem Antrag auf schlichte Änderung nur um eine punktuelle Änderung innerhalb der Einspruchsfrist. Beispielsweise, wenn ein Spendenbeleg vergessen wurde. Das Finanzamt darf dann nur diesen Punkt anpassen. Andererseits kann der Steuerpflichtige, ist die Einspruchsfrist einmal abgelaufen, keine weiteren Änderungen beantragen, sofern nicht andere Änderungsvorschriften greifen.
Vorbehalt der Nachprüfung und Vorläufigkeit
Die Änderung eines Steuerbescheides ist aber auch nach Ablauf der Einspruchsfrist problemlos möglich, wenn das Finanzamt den Steuerbescheid unter den sogenannten Vorbehalt der Nachprüfung gestellt hat. In diesem Fall können beide Seiten, der Steuerpflichtige und das Finanzamt, den Steuerbescheid jederzeit vollumfänglich ändern lassen. Begrenzt wird diese Möglichkeit lediglich durch den Ablauf der vierjährigen Festsetzungsfrist, die sich aber bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen auch verlängern kann.
Das Finanzamt nutzt diese Möglichkeit oft, um sich das Recht vorzubehalten, sich bestimmte Sachverhalte später noch einmal in Ruhe anzuschauen und zu überprüfen. Eine Begründung braucht das Finanzamt nicht. Sind alle Unklarheiten beseitigt, wird der Vorbehalt per Bescheid aufgehoben.
Nur punktuell kann der Bescheid bei der sogenannten Vorläufigkeit durch das Finanzamt geändert werden. Das Finanzamt muss, wenn es Einkünfte vorläufig festsetzt, genau den Umfang und Grund angeben. Beispielsweise ist noch unklar, ob bei bestimmten Einkünften eine Gewinnerzielungsabsicht besteht, oder es bestehen anhängige Verfahren vor dem Bundesfinanzhof, wie es beispielsweise bei der Frage der Fall war, ob der Zinssatz für Nachzahlungszinsen mit 6 Prozent in der Niedrigzinsphase noch verfassungskonform war. Eine Änderung ist dann später nur in genau diesem Punkt möglich.
Änderungen nach Ablauf der Einspruchsfrist
Nach Ablauf der Einspruchsfrist ist eine Änderung nur in ganz bestimmten Fällen noch zulässig. Kommt es beispielsweise beim Finanzamt beim Erlass des Bescheides zu Schreib- und Rechenfehlern, darf der Steuerbescheid aufgrund dieser offenbaren Unrichtigkeit vom Finanzamt geändert werden.
Analog dazu sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit dem Steuerpflichtigen bei Erstellung seiner Steuererklärung Schreib- oder Rechenfehler unterlaufen sind und er deshalb dem Finanzamt steuerlich relevante Tatsachen unzutreffend mitgeteilt hat.
Steuerbescheide sind aber durch das Finanzamt auch aufzuheben oder zu ändern, soweit Informationen nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Beispielsweise erfährt das Finanzamt von bislang nicht erklärten Einkünften, muss der Steuerbescheid von Gesetzes wegen geändert werden. Änderungen zugunsten des Steuerpflichtigen sind ebenfalls möglich, jedoch nur, wenn den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Informationen erst nachträglich bekannt werden.
Ein weit verbreiteter Grund für die Änderung eines Steuerbescheides ist auch der Erlass eines sogenannten Grundlagenbescheids. Das kann die endgültige Verlustfeststellung aus dem Vorjahr oder die gesonderte Feststellung von Beteiligungseinkünften sein, die erst nach dem Erlass des Steuerbescheides ergangen sind. Das Finanzamt hat diese dann als Grundlage für den Steuerbescheid zu verwenden und diesen ggf. anzupassen.
Ein Steuerbescheid ist vom Finanzamt ebenfalls aufzuheben oder zu ändern, soweit von mitteilungspflichtigen Stellen, wie beispielsweise Versicherungen, Rententrägern oder Arbeitgebern, übermittelte Daten bislang nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt wurden.
Änderung des Steuerbescheids nach Datenübermittlung durch Dritte
Um eine solche Datenübermittlung ging es auch im Fall des BFH aus 2024. Die Steuerpflichtigen beziehen Renteneinkünfte, die sie in ihrer Steuererklärung auch in korrekter Höhe angegeben hatten. Das Finanzamt berücksichtigte diese im Steuerbescheid jedoch nicht, da die Daten bis zum Erlass des Steuerbescheids noch nicht elektronisch vom Rententräger übermittelt worden waren.
Der Steuerbescheid stand nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Nach Ablauf der Einspruchsfrist und Erhalt der elektronischen Daten änderte das Finanzamt den Steuerbescheid und berücksichtigte die zusätzlichen Renteneinkünfte. Der Steuerpflichtige legte Einspruch ein und klagte schließlich, denn er war der Meinung nach Ablauf der Einspruchsfrist hätte das Finanzamt den Bescheid nicht mehr ändern dürfen. Er argumentierte, die Einkünfte seien bereits in der Steuererklärung korrekt angegeben worden und vom Finanzamt willentlich unberücksichtigt gelassen worden. Eine Änderung sei daher nicht mehr möglich.
Zeitpunkt der Datenübermittlung spielt keine Rolle
Der BFH widersprach allerdings dem Steuerpflichtigen. Das Finanzamt war nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, den Bescheid zu ändern. Es sei unerheblich, worauf die unzutreffende Berücksichtigung der übermittelten Daten durch das Finanzamt zurückzuführen ist.
Unerheblich ist auch, zu welchem Zeitpunkt die Daten an die Finanzbehörde übermittelt worden sind. Das Finanzamt muss für die Änderung des Steuerbescheides lediglich prüfen, ob zum Zeitpunkt der vorzunehmenden Änderung die übermittelten Daten bei der Steuerfestsetzung nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt wurden. Diese Voraussetzung ist insbesondere dann erfüllt, wenn die betreffenden Daten dem Finanzamt erstmals nach Ergehen des zu ändernden Bescheids übermittelt worden sind. Es ist unerheblich, ob dem Finanzamt der Inhalt der übermittelten Daten bei Erlass des Bescheids bereits bekannt war.
Fazit
Im Steuerrecht gibt es viele Möglichkeiten und Gründe aus denen Steuerbescheide zu ändern sind. Sind Sie unsicher, ob das Finanzamt Ihren Bescheid nochmals ändern durfte? Die ETL-Steuerberater helfen Ihnen gern.