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Photovoltaikanlagen können Erbschaftsteuerfreiheit gefährden

Was Landwirte bei der Verpachtung von Flächen beachten sollten
Photovoltaikanlagen können Erbschaftsteuerfreiheit gefährden
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15.06.2023 — zuletzt aktualisiert: 16.06.2023

Photovoltaikanlagen können Erbschaftsteuerfreiheit gefährden

Was Landwirte bei der Verpachtung von Flächen beachten sollten

Die Bedingungen in der Landwirtschaft werden immer härter. Wer langsam auf das Rentenalter zugeht oder neue Einnahmequellen erschließen muss oder möchte, denkt vielleicht darüber nach, Flächen an Betreibergesellschaften von Photovoltaikanlagen zu verpachten. So wird eine Einnahmequelle erschlossen, ohne dass man selbst viel dafür tun muss. Doch Achtung! Was auf den ersten Blick wie eine gute Entscheidung aussieht, kann im Erbfall böse enden.

Steuerbefreiung nur für begünstigungsfähiges Vermögen

Doch was ist das Problem? Werden land- und forstwirtschaftliche Betriebe vererbt, können diese im Regelfall bis zu 85 Prozent, unter bestimmten Bedingungen sogar bis zu 100 Prozent, steuerfrei in der Erbschaftsteuer bleiben. Voraussetzung ist, dass es sich um begünstigungsfähiges Vermögen handelt. Dazu zählt auch der inländische Wirtschaftsteil des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens, sofern sich dieses in einem Betriebsvermögen befindet und es sich nicht um schädliches Verwaltungsvermögen handelt. Zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehören alle Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft zu diesem Zweck auf Dauer zu dienen bestimmt sind. Dazu gehören insbesondere der Grund und Boden, die Wirtschaftsgebäude, die stehenden Betriebsmittel, der normale Bestand an umlaufenden Betriebsmitteln, die immateriellen Wirtschaftsgüter, die Wohngebäude und der dazugehörende Grund und Boden.

Die Steuerbefreiung kommt grundsätzlich auch für verpachtete Grundstücke in Betracht, wenn diese ebenfalls für land- und forstwirtschaftliche Nutzung überlassen werden. Und genau hier liegt der Knackpunkt.

Werden die bisher landwirtschaftlich genutzten Flächen an Photovoltaikbetreiber verpachtet, gelten sie im Regelfall nicht mehr als land- und forstwirtschaftliches Vermögen, da sie nicht mehr land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen. Und dies gilt nicht nur für die Nutzung durch den Erblasser, sondern auch, wenn der Erbe während einer Zeit von 5 bzw. 7 Jahren nach dem Erbfall oder der Schenkung die Nutzung der Flächen umwidmet. Das land- und forstwirtschaftliche Vermögen unterliegt dann insoweit (zeitanteilig) der vollen Erbschaftsteuer. Zwar gibt es noch die persönlichen Erbschaft- und Schenkungsteuerfreibeträge. Doch diese sind möglicherweise schon durch andere Vermögenswerte ausgeschöpft.

Gemüse von unten und Sonne von oben

Was also tun? Eine Möglichkeit ist, die Flächen für die Nutzung mit sogenannten Agri-Photovoltaik-Anlagen als Alternative zu den gängigen Freiflächen-Anlagen zu verpachten. Unter einer Agri-Photovoltaik-Anlage wird nach DIN SPEC 91434 die „kombinierte Nutzung ein und derselben Landfläche für landwirtschaftliche Produktion als Hauptnutzung und für Stromproduktion mittels einer PV-Anlage als Sekundärnutzung verstanden.“ Dabei werden zwei Kategorien unterschieden. Bei Kategorie I erfolgt eine Bewirtschaftung unterhalb der PV-Anlage, die auf mindestens 2,10 m hohen Ständern steht. Dies eignet sich insbesondere für Beeren- oder Gemüsekulturen. Bei Anlagen der Kategorie II erfolgt die Bewirtschaftung zwischen den niedrigeren PV-Anlagen-Reihen. Die bisherige landwirtschaftliche Nutzbarkeit der Fläche muss erhalten bleiben. Die obersten Finanzbehörden der Länder haben vereinbart, dass unter diesen Bedingungen verpachtete Flächen, auf denen Agri-Photovoltaik-Anlagen stehen, weiterhin dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zuzurechnen und somit auch erbschaftsteuerlich begünstigungsfähig sind (Verfügung der Obersten Finanzbehörden der Länder vom 15. Juli 2022, BStBl 2022 I S. 1226).

Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen nur mit Rückbauverpflichtung

Doch nicht immer sind Agri-Photovoltaik-Anlagen möglich oder gewünscht. Dann kann ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22. Juli 2020 (II R 28/18), welches zur Bewertung einer Kiesgrube ergangen ist, bei der Diskussion mit dem Finanzamt helfen. Im vorliegenden Fall war vertraglich festgelegt, dass spätestens nach 30 Jahren die Kiesgrube rekultiviert und die land- und forstwirtschaftliche Nutzung wieder aufgenommen werden sollte.

Der BFH führt hierbei aus, dass auch bei einer vorübergehenden anderweitigen Nutzung des Grund und Bodens der dauerhafte Funktionszusammenhang mit dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nicht unterbrochen sei. Der Fortbestand der land- und forstwirtschaftlichen Zweckbestimmung ist nicht auf die Fälle der Stilllegung im Sinne einer Nichtnutzung beschränkt. Es reicht aus, dass die Rekultivierung und die Rückführung in die land- und forstwirtschaftliche Nutzung vorgesehen sind. Auf die Zeitspanne, binnen derer dies zu geschehen hat, kommt es nicht an.

Landwirte, die Flächen an Betreibergesellschaften von Freiflächen-PV-Anlagen verpachten, sollten daher zwingend darauf achten, dass eine vertragliche Klausel zum Rückbau und zur Rekultivierung enthalten ist. Wenn von vornherein die Wiederaufnahme der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung geplant ist, ist nach Urteil des BFH unter diesen Umständen der Grund und Boden weiterhin dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft „dauernd zu dienen bestimmt“.

Sind noch keine Verträge unterzeichnet, können interessierte Landwirte mit ihrem Steuerberater auch die Möglichkeit einer Beteiligung an dem Betriebsunternehmen erörtern. Für Personengesellschaften gelten im Erbfall gesonderte Regeln.

Für Fragen stehen Ihnen die Steuerberater und Rechtsanwälte von ETL Agrar und Forst sowie ETL SteuerRecht gern zur Verfügung.

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